Als Flüchtlingskind 1945 ohne Heimat.
Erinnerungen von Annegret Meier

Als Flüchtlingskind 1945 ohne Heimat – Erinnerungen von Annegret Meier

 
1945 war sie als Zweijährige mit Mutter, Stiefvater, Großmutter und Onkel auf der Flucht aus Kolberg (Polen). Vieles hat Frau Meier vergessen, zum Glück vielleicht! Aber einiges ist tief im Gedächtnis der 72 jährigen haften geblieben. Wir mussten unsere Heimatstadt Kolberg auf der Flucht vor den russischen Truppen verlassen, berichtet sie. An den genauen Weg kann sie sich nicht mehr erinnern. Sie weiß noch, mit einem Schiff ging es nach Travemünde, von dort aus über Berlin, weiter ins Siegerland, hauptsächlich zu Fuß. „Immer hatte ich fürchterliche Angst vor den Sirenen, meine Mutter beruhigte mich mit den Worten: Du musst keine Angst haben, das ist nur eine Kuh die schreit“, erzählt Frau Meier. Unterwegs in den Städten hatten die Russen teilweise fürchterlich gewütet, Zerstörung angerichtet und Tiere getötet. Wenn sie weiter erzählt hört man, dass die Stimme der sonst sehr resoluten Frau leicht brüchig wird. „Ich kann mich erinnern, irgendwo an einer Zwischenunterkunft eine Außentreppe herunter gegangen zu sein. Ein fürchterliches Chaos war überall und plötzlich lag der abgeschlagene Kopf einer Kuh auf dem Sims, direkt vor mir! Dieses Erlebnis ist tief eingebrannt und man versteht, dass bei jedem Sirenenheulen dieses Bild auch heute noch wieder hervorgerufen wird. Später wurden wir im Siegerland bei einem Tischler zwangsweise einquartiert, mit 5 Personen in einem einzigen Zimmer. Die Situation war aufgrund des Zwangs zunächst auch sehr angespannt, später hat sich aber doch ein gutes Verhältnis entwickelt“. Ihr fehlen viele Erinnerungen, sagt sie heute. Was Frau Meier aber begriffen habe sei, dass wir den Flüchtlingen von heute sehr offen gegenüber stehen müssen. Wir sollten an unsere eigene Geschichte dabei denken. Niemand verlässt ohne Not seine Heimat.